2. Advent in Lagos

Am Donnerstag sind wir gegen 11:30 Uhr mit dem Ziel Sines in Cascais losgesegelt. Wir hatten 10-15 Kn Wind, 60-80° Windeinfallwinkel. So beschlossen wir den Code ZERO zu setzten. Wir segelten mit 9-10 Kn Geschwindigkeit unserem Ziel entgegen. Das hat Freude gemacht. Gegen 15:00 Uhr wären wir in Sines angekommen. Da das Segeln sehr viel Spaß gemacht und die Vorhersage gemeldet hatte, dass der Wind um ca. 18:30 Uhr einschlafen wird beschlossen wir die letzten Stunden Wind auszunutzen und direkt nach Lagos weiter zu segeln.

Der Wind schlief tatsächlich pünktlich nach Sonnenuntergang ein und wir mussten den Motor einschalten. Wir genossen auf dem Verdeck sitzend diesen wunderschönen Sonnenuntergang. Das sind unglaublich schöne Momente. Am 2. Dezember in Portugal zu Segeln und diese besondere Stimmung miterleben zu dürfen.

Da wir uns im Orca Angriffgebiet befanden wollten wir dieses so zügig wie möglich passieren. Unsere Ankunftszeit in Lagos wird ca. 1:30 Uhr sein. Ich versuchte zwischen 19-21 Uhr und zwischen 0:30-2:30 Uhr zu Schlafen. Dazwischen übernahm ich die Wache. Ab 2:30 Uhr waren wir gemeinsam an Deck. Die Einfahrt in den engen Kanal, mit der stark beleuchteten Palmen Allee am linken Kanalrand bei Niedrigwasser, erforderte zu dieser Uhrzeit volle Konzentration. Nach dem Dunkel auf See blenden die hellen Lichter sehr. Ich stand am Bug und hielt Ausschau, Mathias orientierte sich zusätzlich mit Hilfe der Navionics Karte auf dem Plotter. So kamen wir gut am Anlegepier vor der Klappbrücke an. Nachts ist die Einfahrt in den Hafen nicht möglich, da die Brücke erst ab 9:00 Uhr geöffnet wird. Wir machten fest, tranken noch einen “Anleger”, in diesem Fall ein San Miguel und legten uns schlafen. Ich erwachte bei blauem Himmel und herrlichem Sonnenschein um 10 Uhr. Da hatte Mathias schon wieder alles mögliche organisiert und in die Wege geleitet und schwatze mit Martin, dem Schweizer Katamaransegler unter Australischer Flagge. Wir brauchten einen Rigger, da uns am Vortag unsere Genuaschot oben am Mast riss und auf’s Deck fiel. Das passierte bei 15Kn TWS als wir das Code ZERO gegen die Genua auf der Selbstwendeanlage tauschen wollten. Schon mittags war ein Rigger an Bord und stieg in den Mast. Oben in 22 Metern Höhe lachte er. Denn er war total überrascht, dass in dem “Fallenkasten” ein Rolle gebrochen war. Das hätte er bei unserem Boot nicht erwartet. Wir auch nicht.

Lagos Marina

In einem online Reiseführer über Lagos las ich, dass in der Stadt die Skulpturen der Entdecken von Früher zu sehen wären und im Hafen links am Pier, die Entdecker von heute. Da ist was dran. Ganz vorne seht ihr unsere Pure Fun und beinahe alle Boote dahinter haben das selbe Ziel wie wir. Zuerst die Kanaren und dann die Karibik.

Ich nutzte den Tag um Wäsche zu waschen, das Boot zu putzen und aus den Vorräten die verarbeitet werden mussten etwas leckeres zu Kochen. Das leckere Dinkel Vollkornmehl aus England sollte natürlich auch nicht verderben und so beschloss ich Rosinenbrötchen zu backen. Wieder verließen wir am Tag nach einer durchgesegelten Nacht das Boot nur um anfallende Arbeiten zu erledigen. Vielleicht liegt es daran, dass uns nach diesem Naturerlebnis eine Stadt, der Trubel und die vielen Menschen und Eindrücke zu viel sind. Langsames Ankommen….in der Zivilisation. Nach der Biskaya war es auch so. Da haben wir alle Fünf das Boot geputzt, aufgeräumt und an Bord gegessen.

Erst am Samstag Morgen gingen wir los um Lagos zu erkunden und auf dem Bauernmarkt frisches Obst und Gemüse einzukaufen. Hier verkaufen die Bauern ihre Erzeugnisse. Das lieben wir sehr, denn nirgends sonst bekommt man eine bessere Qualität. Jeder verkauft was er hat. Selbstgebackenen Kuchen, Marmelade, Honig, Kekse, Oliven, Obst, Gemüse. Ich habe einige deutsche Stimmen um mich herum gehört, die ebenfalls hier ihren wöchentlichen Einkauf erledigt haben.

Lagos, Bauernmarkt

Nachdem wir den Einkauf an Bord gebracht hatten schlenderten wir Richtung Zentrum. Unser erster Eindruck gefiel uns. Ich sah einen Bioladen, juhu, und kurze Zeit später eine Drogerie mit WELEDA Produkten. Da mussten wir natürlich unsere Vorräte aufstocken. Kurze Zeit später kamen wir an einem italienischen Restaurant vorbei, das so toll aussah, dass wir beschlossen die Stadterkundung nach einem Mittagessen fortzusetzen. Es begann sowieso gerade zu regnen. Ich weiß nicht, wann ich das letztem so leckere Pasta gegessen habe. Vom Ambiente ganz zu schweigen. Neben uns saßen zwei sehr sympathische Frauen und es entstand ein sehr interessantGespräch. Einen Amerikanerin die seit ein paar Monaten lieber in Lagos lebt, da ihr die Situation in den USA nicht mehr gefiel und eine in England geborene Frau mit portugiesischen Wurzeln die in England, Neuseeland und Afrika gelebt hat und nun mit ihren Eltern nach Portugal zurück gekehrt ist. Es war ein sehr bereicherndes Gespräch und es ist immer wieder schön zu sehen, dass man überall auf der Welt Gleichgesinnte finden kann. In Portugal lassen sich seit Corona Menschen aus aller Welt nieder um sich ein neues Leben in einer noch “heilen” Welt aufzubauen. In Frieden leben umgeben von wunderbarer Natur. So wie es scheint kann man das hier finden.

Das Restaurant heißt La Pasta Bio Italiana und wird von einer Familie aus Apulien geführt. http://www.pomolagos.com, ihre Homepage ist auch sehenswert. Nach der reichhaltigen Pasta brauchten wir einen Mittagsschlaf. Anschließend brachen wir zu einem Strandspaziergang auf, da direkt hier am Hafen der lange Sandstrand beginnt. Das war wunderschön. Wir hatten den Strand ganz für uns.

Lagos, Strandspaziergang bei Dämmerung

Auf dem Heimweg entdeckten wir ein sehr hübsches Strandrestaurant. Da wir immer noch so satt von der reichhaltigen Pasta waren beschlossen wir das Essen dort auf Sonntag zu verschieben. Im Hafen blieben wir dann doch noch in einem englischen Pub hängen, tranken Guiness und schauten Das Fußballspiel Argentinien gegen Australien an. In dem Pup waren 8 Bildschirme. Wir waren anschließend so aufgedreht, dass wir noch bis 24 Uhr Rummycub spielen mussten um müde zu werden. Auf einem Bildschirm war die WM zu sehen, auf einem anderen Golf, auf dem nächsten Frauenfußball. Dazwischen Werbung. Gefühlt haben unsere Augen alle drei Bildschirme gleichzeitig wahrgenommen…..da muss man ja hyperaktiv werden. Aber schön war’s! Und….beim Rummycub ging es 3:2 für mich aus! Geht doch…..!

Haben wir schon erzählt, dass wir morgen Gäste aus Deutschland bekommen. Wir freuen uns sehr drei Bundesligasegler:innen vom WYC aus Friedrichshafen an Bord willkommen zu heißen. Auf der Reise zu den Kanaren werden wir unsere Erfahrungen austauschen und erweitern. Danke Evelyn, dass du da mitgeholfen hast. Auf diese gemeinsam Zeit freuen wir uns sehr. Jetzt brauchen wir nur noch das passende Wetterfenster….im Moment braut sich da draußen etwas zusammen was uns nicht gefällt. Wir hoffen, dass es sich auflöst und wir bald los können. Drückt uns die Daumen.

Nazaré, Riesenwellen und mehr?

Autor: Mathias

Für die Schnellleser kurz gesagt, es geht uns gut, es gab hier in Nazaré in den fünf Tagen einen mit Wellen von 8 bis 10 Meter samt Surfern, zwei Tage reichen hier und die neue OCEAN FILM Tour Vol. 8 hat auch ganz tolle Filme dabei. In der Ausgabe Dezember von Yachting Monthly gibt es mit uns und unserer PURE FUN einen tollen Artikel von Rachael Sprot zu verschiedenen Downwindsegeln und deren Einsatzschwerpunkte. Richard Langdon von OCEAN IMAGES hat beeindruckende Bild dazu gemacht. Im September schrieben wir schon dazu.

Nun für alle, die etwas mehr mitgenommen werden möchten. Fünf Tage in Nazaré gehen nun zu Ende. Nazaré, Praira do Norte grüßt mit Welcome to the biggest Waves in the world. Einer der Orte der mich schon lange rief. Bilder des roten Leuchtturms mit einer riesigen Welle dahinter und eine dünne weiße Spur in der Welle stehen da für mich. In so manchen maritimen Kalendern gibt es dieses Motiv. Ja das ist hier, hier in Portugal. Für uns ganz praktisch zwischen A Coruna und Lissabon / Cascai an der Atlantikküste gelegen.

Unweit des Leuchtturms Farolim da Nazaré, wie er offiziell heißt, geht es in den Hafen des Clubs Naval Da Nazaré. Da lagen wir nun fünf Tage bei sehr wechselhaftem Wetter ruhig. Es gab Sonne und ganz viel Nieselregen bei 23 Grad. Wir verbrachten mehr Zeit als bisher unter Deck. Sybille kochte lecker und wir konnten unseren Entfeuchter mal testen. An Bord gibt es zwei davon. Einer bei den Segel und einer für den Salon. Der für innen funktioniert und sorgt für angenehmes Klima trotz Regen. War auch zwischendurch mal nötigt.

Am Dienstag gab es auf Windy eine Alarmmeldung für diese Küste. Es sollen Wellen mit 4 bis 5 Meter kommen, alle Achtung. Diese neuen Funktionen informierten uns über Vorhersagen, die wir gar nicht aktiviert haben. Sollen irgendwie helfen oder auch nur den Alarmpegel erhöhen.

Für Wetter nutzen wir PredictWind. Für unser Routing geht der Blick auf die Vorhersagen von Wind, Boeen, Regen und klar auch Wellen. Wir sind hier am Atlantik und hier hat es typischerweise Wellen aus nordwestlicher Richtung. 2 bis 3 Meter ist eher klein, 3 bis 4 Meter sind für uns eher normal und wenn dann mal 5 Meter oder mehr angesagt werden, dann bleiben wir drin und es geht zu einem anderen Zeitpunkt los. Aber deswegen auf dem Handy so eine Alarmmeldung zu geben ist für uns eher erstaunlich.

Die Wellenhöhe wird durch Wind, durch eine lange Strecke über die sich eine Windwelle zu Dünung wandelt, durch Strömung, durch Veränderungen des Untergrundes / Tiefenprofil des Meeresboden, Rückfluss von vorhergehenden Wellen sowie wenn die Richtung der Wellen / Wind / Strömung oder Untergrund mal nicht miteinander gehen, beeinflußt. Und all das kommt hier am Leuchtturm des Praia da Norte ab und an zusammen. Die ungehinderte Atlantikdünung aus Nordwest, ein Küstenrelief mit einem schnellen Absinken der Wassertiefen bzw. schnellen Anstieg des Unterwasserbodens, reichlich Wind und dann genau hier zwischen Hafen und Leuchtturm kommt ein tiefer Unterwassercanyon, also ein Riss der oberen Erdschichten, an die Oberfläche. An dieser Stelle entsteht eine stabile Wellen durch das quer zueinander fließen von kräftigen Wellen aus verschiedenen Richtungen. Das ist so, wie wenn zwei schnell fließende Bäche in den Alpen zusammen kommen und immer an der gleichen Stelle Wellen sind. Bei mehr Wasser halt höher. So ist es hier auch nur eben viel, viel größer.

Die Saison für diese sensationellen Wellen ist zwischen November und April. In diesen sechs Monaten gibt es 8 bis 10 Events an denen versucht wird einen neuen Weltrekord aufzustellen. Für die Anreise haben die Teilnehmer 48 Stunden Zeit und reisen dann aus der ganzen Welt an. Letztes Jahr wurden Wellen mit über 20 Meter abgesurft. Die Surfer werden mit Waterscooter in die Welle gezogen und unten auch gleich wieder aufgenommen und aus dem Gefahrenbereich gebracht. Wir sahen das am Montag in “klein”. Antoni, der Hafenmeister hier, sagte dazu die spielen gerade nur ein wenig. Und das mit Wellen über 8 Meter höhe. War schon beindruckend.

Kleiner schwarzer Punkt, ist der Surfer mit einer Körpergröße von ca. 160-190cm. Im Vergleich zur Welle.

Ansonsten ist der Ort ziemlich langweilig und irgendwie in der Vergangenheit geblieben. Ohne Riesenwelle, ohne Surfer, ohne Sonne, ohne Verweilqualität. Man muss hier nicht wirklich länger sein. Die richtigen zwei Tage hätten gereicht. Gestern wurde im Dorfkino noch die OCEAN FILM TOUR Vol. 8 gezeigt. Der Film von der Unterwasserwelt an der französischen Rivera und der von letzten Volvo Ocean Race mit Boris Herrmann war schon sehr beeindruckend und sehenswert.

Nun wurden wir gefragt weshalb wir als Segler tatsächlich von A Coruna nach Nazaré 12 Stunden unter Motor fuhren und nicht gesegelt sind. Ja das ist so eine Frage die einen inneren Konflikt anspricht. Als Purist stellt sich die nicht. Man segelt entweder solange man möchte / kann oder solange bis das angestrebte Ziel erreicht ist. Als (verkappter) Motorbootfahrer stellt sich die Frage auch nicht. Da geht es mit Motor dahin wohin man möchte oder es sich vorgenommen hat. Wir sind so beides, pragmatische Genusssegler mit wechselnder Form und Geduld. Klar geht auch die Sicherheit vor. Einen Hafen wie den von Nazaré, sollte wenn möglich bei Sicht und Licht angefahren werden. Früh starten in Porto war klar. 5 Uhr starteten wir zu dieser Strecke mit 120 nm. Erwartete Zeit der Ankunft, ETA, war über lange Strecke 16:30 Uhr . Bei Wind unter 10 kt. und fast ohne Welle war der Motor erste Wahl. Wie Sybille schon schrieb frischte nach dem Mittag der Wind auf. Kam jedoch aus einer Richtung die uns nicht ganz nach Nazaré brachte. Dennoch segelten wir. Ich hatte einen Tag ohne Form und brachte unserer Pure Fun nicht wirklich ins Laufen. Dann segelte Sybille und es ging schon besser. Dann zogen auch noch Regenwolken auf und unsere ETA ging auf 18 Uhr. Das hieß Ankunft bei Dämmerung. Das wollten wir vermeiden und nahmen die Segel runter und der Motor ging wieder an. Leider setzte dann auch noch Strömung gegen uns und wir konnten den Rückstand zu unserer gewünschten Ankunftszeit nicht mehr aufholen.

Es zeichnete sich am Nachmittag ab, dass wir bei Dunkelheit mit Regen und wenig Wellen in Nazaré ankommen werden. Okay braucht man nicht, muss man(n) halt durch. Im Hafenhandbuch stand weiträumige Anfahrt (2nm) und ich wollte in den Hafen. Dazu schrieb Sybille schon. Ja ich entschied mich zum abkürzen. Weil es ruhig war, weil die Wellen niedrig waren, weil es ausreichend Tiefe in der ganzen Bucht hatte und unsere X 5.6 äussert seegängig und agil ist.

Unbekannt war, wie die Welle in der Bucht und vor dem Hafen sein wird. Sybille erkundigte sich und ich telefonierte / funkte mit Antonio, dem Hafenmeister. Klar wurde, an dem Tag ist bei dem Wetter die Abkürzung vertretbar. An vielen anderen Tagen würde ich ganz klar die Anfahrt mit 97 ° auf den Hafen vorziehen. Es kann hier in der Einfahrt richtig Welle haben.

Jedoch hörte ich sehr aufmerksam auf Wellen, auf Brandung und schaute nach Gischt. Alles blieb ruhig. Von Antonio wußten wir, er wird da sein und auf welcher Seite Leinen und Fender vorzubereiten sind. Das wurden vor der Einfahrt erledigt.

Ja und dann ging es bei Dunkelheit auf diese grün und rot markierte Einfahrt zu. Es erschien eng. Beide hatten wir ständig die Tiefe, den Plotter und das Umfeld vor uns im Auge. Keine Welle, keine Gischt, hohe Anspannung, nicht wirklich etwas zu sehen ausser den ganzen Lichter des Ortes und irgendwo zwischendrin diese grüne und rote Lichter der Einfahrt. Hinter der Einfahrt kam der Vorhafen, Dunkel, Mauern und eine weitere Lücke hin zum Haupthafen. Der war beleuchtet. Hier werden größere Fischerboote entladen. Funkkontakt zu Antonio um irgendwie den avisierten Liegeplatz zu finden. Alles weiter klappte routiniert. Wir wurden äußerst herzlich willkommen und hatten eine gute Zeit beim Club Naval Da Nazaré.

A Coruna nach Porto, eine Nachtfahrt entlang der Costa da Morta

Eindrücke von Mathias:

Die Fahrt von A Coruna, Spanien, nach Porto, Portugal geht nun nach 25 Stunden auf dem Wasser zu Ende. Den größten Teil der Strecke entlang der Costa da Morta machten wir unter Motor und ließen den Autopiloten steuern. Der Wind kam eigentlich immer mit 2 bis 12 kt von vorne. Die langen Atlantikwellen mit 1 bis 4 Meter schoben von hinten. Anders als noch im Gezeitenrevier von England hatten wir hier nun die Strömung mit 1 bis 2,5 kt von der Seite oder von vorne und bremste uns eher. Das Wasser hatte 19 Grad und die Luft zumindest 14 Grad.

Geschützt mit Musto MPX, Schwimmwesten, Spinlock Lifebelt, Wollmütze, Stiefeln und Wolldecke verbrachten wir die Zeit im Cockpit oder im Salon auf dem abgesenkten Tisch. Wir wechselten alle drei Stunden. So hatten Sybille und ich je zwei Wachen bei Nacht. Mal zeigte sich der Vollmond, kurz war schlechte Sicht und selten Nieselregen.

Bei Muxia hinterließen wir einen gesegneten Gruß.

Für mich ist so eine Fahrt spannend und freudig neugierig. So der Küste entlang zu fahren ist für mich kurzweilig. Es kommen Erinnerungen an andere Reisen hoch. Orte die wir letztes Wochenende von Land aus besuchten sahen wir nun von See. Oder auch Bilder der Reise mit den Hurtigruten von Kirkenes nach Solver mit Uli und Paula sind präsent. Es ist wie auf einem Kreuzfahrtschiff nur viel näher am Wasser und man macht alles selber. Es ist bei so einer langen Küstenfahrt viel Zeit zum Schauen, Dösen und Träumen.

Wenn es hell wird bin ich ganz gespannt was zu entdecken ist. Die Bojen der Fischernetze werden sichtbar. Hier teilweise fast so eng an unserem Fahrwasser wie ich es vor Jahren in Maine schon hatte. Mit unserer X Yacht ist es etwas unproblematischer. Wir haben keine überstehende Auslässe und zur Not an der Welle vor der Schraube ein extra scharfes Messer. Je näher die Küste kommt und klarer sich zeigt, geht meine Aufmerksamkeit zur Küstenform und Beschaffenheit. Gibt es Sand oder Fels? Wie ist die Bebauung? Wie riecht es, welche Vögel sind zu sehen? Was erscheint bekannt oder ist ganz anders als bisher gesehen. Heute Nacht kam noch der Grenzübertritt hinzu. Welche Anforderungen kommen von der Küstenwache. Heute Nacht kam eine Nachricht über das AIS zur Angabe der Position. Vielleicht war diese für uns. Egal die Mail wurde erledigt. Blieb bisher unbeantwortet. Zum Grenzübertritt gehört auch das Tauschen von Gastlandflaggen. Das ist für mich ein besonderer Moment, den ich selber mache.

Der erste Kontakt hier war gestern zum Hafen. Sehr freundlich wurde uns ein Hafenplatz in der Marina Rio Douro zugesichert. Heute früh passierte uns ein kleines Fischerboot sehr nah mit hoher Geschwindigkeit. Zeit für einen Gruß. Hier war er besonders freundlich. Ein kurzes Abstoppen, winken, aus dem Führerstand kommen nochmals freundlich grüßen und gleich ging es mit der Gleitfahrt weiter.

Jetzt steht die Ankunft im Hafen an. Es wird das Großsegel eingerollt, die Leinen und Fender vorbereitet, die Karte wie auch der Funkkanal geprüft und dann geht es rein. Jedes Mal ist es anders. Jedes Mal ist es zum ersten Mal und jedes Mal ist es etwas aufregend. Wir zwei bekommen das inzwischen richtig gut hin. Sicher auch heute im Rio Douro. Die Tide haben wir perfekt getroffen. Wir laufen mit wenig Strömung mit uns ein. Sybille wird dieses Mal das Hafenmanöver fahren und ich werde funken und die Leinen bedienen. So wie mit Bärbel, Erick und Rachael gelernt und geübt. Alles vorbereitet, Hafen frei anfahren, gegen die Strömung anlegen, „Slow is Pro“, keiner springt, alles wird in Ruhe gemacht und von Bord aus festgemacht.

So geplant und so gemacht. Es hat prima geklappt. Sonne, 25 Grad und ein sehr freundlicher Mitarbeiter der Douro Marina heißen uns in Portugal willkommen.

Jetzt wird aufgeräumt, Reste gegessen, geduscht und ausgeruht.

Euch Lieben in A Coruna, vielen Dank für all Euer leckeres Essen, den Cafe Liquör, die Tarta de Abuela, Eure professionelle Arbeit und persönliche Unterstützung von Radu, Carlos und Chuny in der Werft Varadero Marina Coruna. Wir haben Euch alle sehr lieb gewonnen.

Vorbereiteter Schlafplatz im Salon

Mathias löst die Leinen am Steg in A Coruna, Mathias bei setzen der Segel, Vollmond bei Nacht auf dem Meer.

Unser Beitrag an die Erde und Meere….im Auftrag von Lama Dawa unserem Freund und Buddhistischen Mönch aus Kathmandu. So können nun die Ozeane mit in die Gebete der Mönche aufgenommen werden. Gerade hier im Gebiet der Orca Angriffe war es uns sehr wichtig.

So sehen wir aus, wenn wir die Nacht gesegelt sind und es wieder hell wird.

Biskaya gemeistert

Aus Sicht von Sybille:

Heute morgen am 19.10.22 um 4:00 Uhr sind bei Regen in La Coruna in den Hafen des Real Club Nautico de A Coruna eingelaufen. Jetzt haben wir tatsächlich die gefürchtete Biskaya durchquert.

Leider war es mir aus technischen und sonstigen Gründen nicht möglich während der Überfahrt etwas zu veröffentlichen. Wir hatten 15-32 Knoten Wind, sind teilweise im 2.Reff gesegelt, streckenweise auch Motor, wenn der Wind von vorne kam. Da wir ein Zeitfenster hatten bevor mehr Wind und Welle angesagt war entschieden wir uns für Motoren anstatt zu kreuzen. Die Temperaturen waren zu Beginn recht frisch und wurden immer angenehmer. Das Wetter war sehr gemischt, Bewölkung , Sonne, wunderschöner Sternenhimmel, Regen und Gewitter ganz zum Schluss. Auch Delfine haben uns immer wieder besucht und begleitet. Die Durchschnittsgeschwindigkeit unserer X 5.6 war 8-9 Knoten unter Segel, 6-7 Knoten unter Motor.

Was mich wirklich beeindruckt hat, war wie sich das Leben auf dem Boot durch die Schräglage verändert hat. Man konnte nur gehen wenn man sich festhielt, bzw. sich an Möbeln und Haltegriffen entlanghangelte. Anziehen und Ausziehen ging nur gegen eine Wand gedrückt. Ich habe nur Ölzeug und Stiefel an- und ausgezogen, den Rest einfach drei Tage lang unverändert gelassen. Teilweise habe ich sogar mit Mütze geschlafen. Wir hatten nachts 4 Stunden Wache. 2 Std. aktiv, 2 Std. standby. Dazwischen war Zeit zum Schlafen oder Essen. Während der Fahrt war es sehr laut im Boot. Die Wellen klatschten gegen den Bug, oder die PURE FUN surfte mit der Welle. Das surfen fühlte sich weich und geschmeidig an, wenn der Bug allerdings gegen die Welle fuhr fühlte sich das hart und brachial an. Ein Gefühl als wäre man in einem Fahrgeschäft auf dem Rummelplatz. Auch wenn es sich extrem angefühlt hat konnte ich gut mitgehen, war nie im Widerstand und hoffte, dass es bald vorüber ist. Man wurde in diesen Tagen Teil einer ganz anderen Welt, das fühlte sich sehr speziell und besonders an.

Zum Thema Essen. Lieblingsnahrungsmittel waren eindeutig Äpfel, gefolgt von Bananen. Wir hatten Alle viel weniger Appetit als zuvor. Kochen war mir nicht möglich. Wie meine Schwägerin Bärbel das macht ist mir ein Rätsel. Jedes öffnen und schließen einer Schublade ist ein Kraftakt. Öffnet man Schränke fliegt einem alles entgegen. Da meine Stiefel meist feucht an der Sohle waren, hatte ich auch gar nicht genug Halt um mich dagegenstemmen zu können. So gab es Baguette und Obst. Einmal Flammkuchen und gestern Pasta mit Pesto. Den Geburtstagskuchen von Bernd, der am 18. Oktober Geburtstag hatte, haben wir gar nicht angeschnitten, da keiner Appetit darauf hatte.

Heute am Mittwoch unserem ersten Tag in La Coruna herrscht reges treiben auf der Pure Fun. An allen Ecken und Enden wird geputzt, getrocknet, aufgeräumt und die bürokratischen Dinge erledigt. Draußen scheint die Sonne, es ist warm und so richtig mag sich noch keiner von uns ins Gewimmel einer Stadt stürzen. Ich habe das Gefühl, jeder wurschtelt mit einer wohligen Zufriedenheit im Inneren vor sich hin.

Vor der Abfahrt in Guernsey, die Biskaya Crew v.l. Mathias, Sybille, Evelyn, Bernd und Andreas