Nazaré, Riesenwellen und mehr?

Autor: Mathias

Für die Schnellleser kurz gesagt, es geht uns gut, es gab hier in Nazaré in den fünf Tagen einen mit Wellen von 8 bis 10 Meter samt Surfern, zwei Tage reichen hier und die neue OCEAN FILM Tour Vol. 8 hat auch ganz tolle Filme dabei. In der Ausgabe Dezember von Yachting Monthly gibt es mit uns und unserer PURE FUN einen tollen Artikel von Rachael Sprot zu verschiedenen Downwindsegeln und deren Einsatzschwerpunkte. Richard Langdon von OCEAN IMAGES hat beeindruckende Bild dazu gemacht. Im September schrieben wir schon dazu.

Nun für alle, die etwas mehr mitgenommen werden möchten. Fünf Tage in Nazaré gehen nun zu Ende. Nazaré, Praira do Norte grüßt mit Welcome to the biggest Waves in the world. Einer der Orte der mich schon lange rief. Bilder des roten Leuchtturms mit einer riesigen Welle dahinter und eine dünne weiße Spur in der Welle stehen da für mich. In so manchen maritimen Kalendern gibt es dieses Motiv. Ja das ist hier, hier in Portugal. Für uns ganz praktisch zwischen A Coruna und Lissabon / Cascai an der Atlantikküste gelegen.

Unweit des Leuchtturms Farolim da Nazaré, wie er offiziell heißt, geht es in den Hafen des Clubs Naval Da Nazaré. Da lagen wir nun fünf Tage bei sehr wechselhaftem Wetter ruhig. Es gab Sonne und ganz viel Nieselregen bei 23 Grad. Wir verbrachten mehr Zeit als bisher unter Deck. Sybille kochte lecker und wir konnten unseren Entfeuchter mal testen. An Bord gibt es zwei davon. Einer bei den Segel und einer für den Salon. Der für innen funktioniert und sorgt für angenehmes Klima trotz Regen. War auch zwischendurch mal nötigt.

Am Dienstag gab es auf Windy eine Alarmmeldung für diese Küste. Es sollen Wellen mit 4 bis 5 Meter kommen, alle Achtung. Diese neuen Funktionen informierten uns über Vorhersagen, die wir gar nicht aktiviert haben. Sollen irgendwie helfen oder auch nur den Alarmpegel erhöhen.

Für Wetter nutzen wir PredictWind. Für unser Routing geht der Blick auf die Vorhersagen von Wind, Boeen, Regen und klar auch Wellen. Wir sind hier am Atlantik und hier hat es typischerweise Wellen aus nordwestlicher Richtung. 2 bis 3 Meter ist eher klein, 3 bis 4 Meter sind für uns eher normal und wenn dann mal 5 Meter oder mehr angesagt werden, dann bleiben wir drin und es geht zu einem anderen Zeitpunkt los. Aber deswegen auf dem Handy so eine Alarmmeldung zu geben ist für uns eher erstaunlich.

Die Wellenhöhe wird durch Wind, durch eine lange Strecke über die sich eine Windwelle zu Dünung wandelt, durch Strömung, durch Veränderungen des Untergrundes / Tiefenprofil des Meeresboden, Rückfluss von vorhergehenden Wellen sowie wenn die Richtung der Wellen / Wind / Strömung oder Untergrund mal nicht miteinander gehen, beeinflußt. Und all das kommt hier am Leuchtturm des Praia da Norte ab und an zusammen. Die ungehinderte Atlantikdünung aus Nordwest, ein Küstenrelief mit einem schnellen Absinken der Wassertiefen bzw. schnellen Anstieg des Unterwasserbodens, reichlich Wind und dann genau hier zwischen Hafen und Leuchtturm kommt ein tiefer Unterwassercanyon, also ein Riss der oberen Erdschichten, an die Oberfläche. An dieser Stelle entsteht eine stabile Wellen durch das quer zueinander fließen von kräftigen Wellen aus verschiedenen Richtungen. Das ist so, wie wenn zwei schnell fließende Bäche in den Alpen zusammen kommen und immer an der gleichen Stelle Wellen sind. Bei mehr Wasser halt höher. So ist es hier auch nur eben viel, viel größer.

Die Saison für diese sensationellen Wellen ist zwischen November und April. In diesen sechs Monaten gibt es 8 bis 10 Events an denen versucht wird einen neuen Weltrekord aufzustellen. Für die Anreise haben die Teilnehmer 48 Stunden Zeit und reisen dann aus der ganzen Welt an. Letztes Jahr wurden Wellen mit über 20 Meter abgesurft. Die Surfer werden mit Waterscooter in die Welle gezogen und unten auch gleich wieder aufgenommen und aus dem Gefahrenbereich gebracht. Wir sahen das am Montag in “klein”. Antoni, der Hafenmeister hier, sagte dazu die spielen gerade nur ein wenig. Und das mit Wellen über 8 Meter höhe. War schon beindruckend.

Kleiner schwarzer Punkt, ist der Surfer mit einer Körpergröße von ca. 160-190cm. Im Vergleich zur Welle.

Ansonsten ist der Ort ziemlich langweilig und irgendwie in der Vergangenheit geblieben. Ohne Riesenwelle, ohne Surfer, ohne Sonne, ohne Verweilqualität. Man muss hier nicht wirklich länger sein. Die richtigen zwei Tage hätten gereicht. Gestern wurde im Dorfkino noch die OCEAN FILM TOUR Vol. 8 gezeigt. Der Film von der Unterwasserwelt an der französischen Rivera und der von letzten Volvo Ocean Race mit Boris Herrmann war schon sehr beeindruckend und sehenswert.

Nun wurden wir gefragt weshalb wir als Segler tatsächlich von A Coruna nach Nazaré 12 Stunden unter Motor fuhren und nicht gesegelt sind. Ja das ist so eine Frage die einen inneren Konflikt anspricht. Als Purist stellt sich die nicht. Man segelt entweder solange man möchte / kann oder solange bis das angestrebte Ziel erreicht ist. Als (verkappter) Motorbootfahrer stellt sich die Frage auch nicht. Da geht es mit Motor dahin wohin man möchte oder es sich vorgenommen hat. Wir sind so beides, pragmatische Genusssegler mit wechselnder Form und Geduld. Klar geht auch die Sicherheit vor. Einen Hafen wie den von Nazaré, sollte wenn möglich bei Sicht und Licht angefahren werden. Früh starten in Porto war klar. 5 Uhr starteten wir zu dieser Strecke mit 120 nm. Erwartete Zeit der Ankunft, ETA, war über lange Strecke 16:30 Uhr . Bei Wind unter 10 kt. und fast ohne Welle war der Motor erste Wahl. Wie Sybille schon schrieb frischte nach dem Mittag der Wind auf. Kam jedoch aus einer Richtung die uns nicht ganz nach Nazaré brachte. Dennoch segelten wir. Ich hatte einen Tag ohne Form und brachte unserer Pure Fun nicht wirklich ins Laufen. Dann segelte Sybille und es ging schon besser. Dann zogen auch noch Regenwolken auf und unsere ETA ging auf 18 Uhr. Das hieß Ankunft bei Dämmerung. Das wollten wir vermeiden und nahmen die Segel runter und der Motor ging wieder an. Leider setzte dann auch noch Strömung gegen uns und wir konnten den Rückstand zu unserer gewünschten Ankunftszeit nicht mehr aufholen.

Es zeichnete sich am Nachmittag ab, dass wir bei Dunkelheit mit Regen und wenig Wellen in Nazaré ankommen werden. Okay braucht man nicht, muss man(n) halt durch. Im Hafenhandbuch stand weiträumige Anfahrt (2nm) und ich wollte in den Hafen. Dazu schrieb Sybille schon. Ja ich entschied mich zum abkürzen. Weil es ruhig war, weil die Wellen niedrig waren, weil es ausreichend Tiefe in der ganzen Bucht hatte und unsere X 5.6 äussert seegängig und agil ist.

Unbekannt war, wie die Welle in der Bucht und vor dem Hafen sein wird. Sybille erkundigte sich und ich telefonierte / funkte mit Antonio, dem Hafenmeister. Klar wurde, an dem Tag ist bei dem Wetter die Abkürzung vertretbar. An vielen anderen Tagen würde ich ganz klar die Anfahrt mit 97 ° auf den Hafen vorziehen. Es kann hier in der Einfahrt richtig Welle haben.

Jedoch hörte ich sehr aufmerksam auf Wellen, auf Brandung und schaute nach Gischt. Alles blieb ruhig. Von Antonio wußten wir, er wird da sein und auf welcher Seite Leinen und Fender vorzubereiten sind. Das wurden vor der Einfahrt erledigt.

Ja und dann ging es bei Dunkelheit auf diese grün und rot markierte Einfahrt zu. Es erschien eng. Beide hatten wir ständig die Tiefe, den Plotter und das Umfeld vor uns im Auge. Keine Welle, keine Gischt, hohe Anspannung, nicht wirklich etwas zu sehen ausser den ganzen Lichter des Ortes und irgendwo zwischendrin diese grüne und rote Lichter der Einfahrt. Hinter der Einfahrt kam der Vorhafen, Dunkel, Mauern und eine weitere Lücke hin zum Haupthafen. Der war beleuchtet. Hier werden größere Fischerboote entladen. Funkkontakt zu Antonio um irgendwie den avisierten Liegeplatz zu finden. Alles weiter klappte routiniert. Wir wurden äußerst herzlich willkommen und hatten eine gute Zeit beim Club Naval Da Nazaré.

Segeltraining- und Test mit Rachael Sprot

Vorgestern kam Rachael Sprot zu uns an Bord um uns einen Tag lang zu Unterrichten. Am wichtigsten war uns ein Hafenmanöver Training im Strömungsgewässer. Unser Freund Roger aus der Schweiz hat sie uns empfohlen. Sie ist eine sehr erfahrene Seglerin, RYA Yachtmaster Ocean Instructor und Autorin für Yachting World und Yachting Monthly. Es war ein sehr lehrreicher Tag für uns. Rachael strahlte eine wohltuende Ruhe und Gelassenheit aus. Das hat mir sehr gut getan. Bei 2 Kn Strömung im Hafen am Steg anzulegen will gelernt sein. Es bedeutet, dass man, wenn man 2 Kn Fahrt im Boot hat, das Boot auf der Stelle stehen bleibt. Das habe ich noch nicht erlebt. Das angenehme an der Ströme ist, dass sie keinen Lärm macht wie Wind uns sehr viel berechenbarer ist. Für mich zumindest. Wir haben gelernt uns von der Strömung an den Steg treiben zu lassen. Steht das Boot schräg zur Strömung driftet es wenn der Bug gegen die Strömung steht zur Seite. Das kann man beim Anlegen nutzen. Es geht langsam und ruhig. Mir hat das gut gefallen.

Das haben wir dann viele Male geübt. Ohne Bug- und Heckstrahlruder haben wir vor allem die Kraft des Wassers genutzt und den Motor zur Unterstützung. Auch den Genakker haben wir das erste Mal benutzt und geübt damit zu Halsen. Das war zu Dritt einfacher als zu Zweit. Zu Zweit kann man auch den Bergeschlauch (Snuffer) benutzen, das Segel einpacken und auf der anderen Seite wieder auspacken. Mathias “Halst” lieber mit geöffnetem Gennaker, ich mag es lieber sicherer. Denn der große Asymmetric kann sich um das Vortag wickeln, Leinen am Anker hängen bleiben und vieles mehr. Zu Dritt und mit Rachael war eine gute Gelegenheit dies auszuprobieren.

Das Wetter wurde im laufe des Tages immer besser und am Ende gab es einen wunderschönen Sonnenuntergang. Ich habe dann das Hafenmanöver gefahren. Rückwärts in die Box möglichst ohne Bug- und Heckstrahlruder. Es hat geklappt, aber mein Puls war sicher über 160/min. Inzwischen war es 20:00 Uhr und da die Restaurants im Hafen so früh ihre Küche schließen sind wir in Segelkleidung zum Essen. Beim italienischen Restaurant sagte man uns um 20:35 Uhr, dass die Küche schon geschlossen sei. Was sagt man dazu. Im Restaurant nebenan im “Banana Wrap” bekamen wir leckeres Lammcurry und ein Steak für Mathias. Müde und glücklich gingen wir früh schlafen…..denn um 9:30 wird Rachael zurück an Bord kommen.

Rachael und Mathias am Genauer

Am nächsten Morgen kam Rachael Sprot mit dem Fotografen Richard Langdon, Oceanimages, und Stuart Anderson von Parasailor UK zu uns an Bord. Wir stellten unser Boot und unsere Segel ( Parasailor, Gennaker, Code ZERO) zum Vergleich zur Verfügung und bekamen gleichzeitig eine Einweisung in den Parasailor vom ISTEC Experten. Eine Win-Win Situation für Alle. Die Sonne schien zu Beginn noch nicht wie vorhergesagt, wurde jedoch im Tagesverlauf immer besser. So verließen wir zu fünft den Hafen und machten uns auf den Weg zum Solent. Unterwegs hatten wir schönen Wind von hinten. Genau das Richtige für den Parasailor von ISTEC. Er wurde als Erstes gesetzt. Wow, sah das toll aus. Es war ein schönes dahingleiten, ganz gechillt.

Da wir eine der Leinen falsch angeschlagen hatten, musste er noch einmal geborgen werden. Das durfte ich dann mit Rachael machen. Da hatten wir zu tun. Puh, das war richtig Sport. Richart hat alles fotografisch begleitet. Das motivierte uns natürlich noch mehr. Als die Leinen verändert waren, konnte der Snuffer wieder nach oben gezogen und das große Segel freigelassen werden. Das durfte jetzt ich machen. Zu Beginn war es ganz einfach. Dann kam ein Stop….ich benötigte alle Kraft die ich hatte um den Snuffer über diesen Wulst ( Wing) zu bekommen. Es fühlte sich an wie bei einer Geburt….als Mutter weiß ich wovon ich rede. Bei einer Geburt müsste man noch einmal pressen, beim Parasailor “ziehen”. Dann kam die Erlösung, der Snuffer passierte den Wulst und das Segel mit Wing war frei. Ein tolles Gefühl. Sobald wir die Drohnen Aufnahmen haben, die gestern gemacht wurden, könnt ihr sehen was ich meine. Tolles segeln mit dem Parasailor, wir sind glücklich ihn zu haben. So werden wir ganz gechillt von Gran Canaria nach St. Lucia in die Karibik gleiten können.

Dann wurde der Parasailor geborgen und der gelbe Gennaker von Elvstrom mit 225 qm kam an die Reihe. Mit dem gelben Genakker war das Segeln sehr viel dynamischer….auch schneller. Hat auch Spaß gemacht. Zuletzt kam dann noch der Code ZERO von Elstrom an die Reihe. Alles wurde dokumentiert und fotografiert. Mit dem Code ZERO war das Segeln auch sehr dynamisch, es hat allen an Bord Freude gemacht. Am Ende wurde der Code ZERO eingerollt und wir kreuzten bei schönem Wind mit der Genua zurück in den Ocean Village Hafen nach Southampton. Mathias hat ein gekonntes Anlegemanöver gefahren und unsere Gäste fuhren nach Hause.

Ich habe mich gefühlt wie nach einer Skitour. Das war richtig Sport heute. Schnelles Aufwärmen unter der warmen Dusche und einen Tisch im Restaurant organisieren. Dieses Wochenende startet die Southampton International Boat Show, deshalb reserviere ich sicherheitshalber einen Tisch in einem empfohlenen Restaurant. Unterwegs fanden wir ein nettes italienisches Restaurant nähe des Hafens und bekamen sehr leckeres Essen mit freundlichem italienischem Service. Die Reservierung sagten wir ab. Wieder blickten wir glücklich und zufrieden auf einen ereignisreichen Tag zurück und gingen bald schlafen.

Heute sind wir zur Isle of Wight nach Cowes gesegelt. Mathias hat uns hier einen Platz im Hafen reserviert. Das war gar nicht so einfach, da viele Segel Regatten stattfinden dieses Wochenende. Nun liegen wir hier an der Außenmole und es wackelt und schaukelt, man könnte meinen man wohnt auf einem Segelboot. Mathias hat beim Anlegen mit 2 Kn Strömung das Gelernte gekonnt umgesetzt und ich habe die Leinen bedient. Anschließend erkundeten wir das idyllische Hafenstädtchen. Sehr, sehr schön. Wunderschöne alte Häuser, Läden wie aus einer anderen Zeit und ein Segelladen am Anderen. Leider habe ich vergessen Fotos zu machen, so sehr war ich mit staunen beschäftigt und….ich spüre heute die Anstrengung der letzten beiden Tage…es zwickt hier und da und mein Körper sehnt sich nach Ruhe und Erholung.