Letzte Nachtetappe vor Gibraltar

Es ist Sonntag Morgen. 7. Mai, 80 nm vor Tanger, Marokko. Auch die dritte Nacht auf See ist nun vorbei.

Den Segeltag gestern haben wir sehr genossen. Wir duschten das erste mal seit Monaten im Cockpit. Es war so schön. Die Dusche im Boot ist viel enger und bei der Schiffsbewegung holt man sich so manchen blauen Fleck. Hier draußen an Deck hatte ich ein fettes Grinsen im Gesicht und dachte….das sind die Gründe weshalb ich Lust habe auf dieses Abenteuer. Mitten auf dem Atlantik draußen zu duschen, den Duft meiner Weleda Rosenseife zu riechen, die wärmende Sonne auf meiner Haut zu spüren und das SEIN zu genießen. So schön. Wehmütig dachte ich daran, dass wir schon Morgen am Ziel sein werden.

Zum Abendessen gab es leckeres Curry mit Reis. Das Kochen war mein Workout. Bei 25° Krängung und 9 Kn Fahrt zu kochen ist eine Tätigkeit, die gut koordiniert sein möchte und bei dem mein Körper viele Muskeln einsetzten muss. Es ist einfacher den „Berg rauf“ zu kochen, da kann ich mich mit der Rückseite meines Körpers an der Spüle abstützen. Muss ich etwas an der Spüle arbeiten, stütze ich mich mit den Knien ab…die sind wahrscheinlich morgen  mit blauen Flecken übersät. Der restliche Körper ist angespannt um stabil zu stehen. Ich finde es jedesmal aufs Neue eine interessante Erfahrung meinen Körper zu beobachten, was er da für mich leistet. Danke lieber Körper. Immer wieder wäre eine dritte Hand nötig… Dieses mal segeln wie auf dem Steuerbord Bug. Das bedeutet meine Schränke in der Küche, die auf der Backbord Seite sind, spucken beim Öffnen alles aus, was nicht gesichert ist, so zum Beispiel gestern zwei Porzellan Teller. Einer flog schneller als ich schauen konnte aus dem Schrank. Zerbrach auf der Küchenablage und verteilte seine Scherben anschließend im Boot. Ich hatte Glück, dass mich nur eine kleine Scherbe traf und der Schnitt nicht groß war. Den zweiten Teller fing ich in der Luft. Da ich nun saugen musste um alle Scherben zu erwischen, war das Boot auch wieder schön geputzt.

Die verschiedenen Wettermodelle sagten für die Nacht voraus, dass der Wind zunächst noch auf 16 mit Böen 19 kn zunimmt und sich dann abschwächt. Seit dem Morgen segelten wir bei 13 kn Wind mit dem Code 0 ganz stabil mit 9 bis 10 kn Fahrt. Der JAFA Autopilot hielt das Boot bei den niedrigen Wellen gut auf Kurs. Dennoch wechselten wir bei Helligkeit noch die Segel. Der Code 0 wurde gegen die Genua getauscht und in das Großsegel wurde das erste Reff eingebunden. Tags ist es einfacher und manchmal kommt der Wind anders als berechnet.

Es war eine gute Entscheidung. Der Wind nahm weiter zu. Längere Zeit blies er mit 18 bis 22 kn von querab und die Wellen mit 2 Metern schoben noch mit. So rauschten wir zügig mit 8-10 Kn Fahrt durch die Nacht.

Ich hatte die erste Wache bis 2:30 Uhr, dann hat mich Mathias abgelöst. Wieder eingekuschelt mit schöner Musik im Cockpit, Sternenhimmel und Vollmond ein schönes Erlebnis. Auch diese Nacht keine Schiffsbegegnungen. Die Geräusche waren etwas anders, als in der Nacht zuvor. Ich bin hin und wieder aufgeschreckt um zu schauen was da ist. Aber sehen konnte ich nichts. Das gurgeln des Wassers, das klatschen der Wellen gegen den Rumpf…immer wieder nehme ich es anders wahr. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir den Orcas näher kommen, so ist die Wahrnehmung noch sensibler, man ist in „hab Acht“ Stellung. Soweit hier draußen sind sie normalerweise nicht, aber man weiß ja nie.

Heute am 7.5.23 werden wir am Abend wieder in irgendeinem Hafen festmachen. Wo wissen wir noch nicht. Es wird nicht in der Karibik sein…..🤣 nicht dass es wieder zu Missverständnissen kommt.😃 Wir machen es Abhängigkeit vom Wetter, der Strömung und den Orca‘s. Sobald wir wieder Empfang haben können wir schauen, wo sie zuletzt gesichtet wurden. Unser Pinger für die Profifischer liegt bereit. Mit ihm wird in der Grossfischerei der „Beifang“ von z.B. Delfinen reduziert. Ob wir ihn zur Vorsicht einfach im Wasser nachziehen werden, wissen wir noch nicht, da seine Frequenzen und Lautstärke mit 175 Db für alle Tiere unter Wasser sehr unangenehm sind. Wir folgen unserer Intuition, wenn es soweit ist. Im Moment läuft das Mantra „Om mane padme hum“ als Playlist von unterschiedlichen Interpreten. Diese friedliche Energie umgibt uns nun und so werden wir hoffentlich nur freudige Begegnungen haben.

Wir freuen uns auf drei Monate im westlichen Mittelmeer.

3 Gedanken zu „Letzte Nachtetappe vor Gibraltar“

  1. Was für ein toller Bericht. Die Jonglage mit den Tellern hat mich besonders beeindruckt. Vielleicht sollte man den Machern von cirque de soleil mal empfehlen, eine Produktion ins Innere eines krängenden Schiffs zu verlegen. Und ja, ich habe jetzt ja auch kapiert, dass es (zunächst) nicht in die Karibik geht 😔. Lieben Dank auch für die vielen Details. Jetzt habe ich wieder was zum googeln – Was hat es wohl mit dem ‘Binger’ auf sich… Gerade noch Eure Position im Vesselfinder nachgeschaut. Herrjeh, in der Straße von Gibraltar geht ja zu wie auf dem Schloßplatz 🫣 – Immer schön vorsichtig 🛟

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