Seit 25.3.23 ca. 20:00 Uhr sind wir in der Marina Funchal auf Madeira angekommen. Gestartet sind wir am 24.03.2023 ca. 7:30 Uhr. Dauer 1,5 Tage, wie das Departure Planning von Predigt Wind vorausgesagt hatte. Wir sind zuerst unter Motor gefahren, da der Wind genau von vorn kam. Als wir unseren Kurs von 360 C° aufnehmen konnten, wurde die Genua ausgerollt. Windeinfall 37-45 C°. Wir segelten mit 7-8 Kn bei 15-17Kn Wind. (TWS) Zu Beginn hatten wir 1-2 m Welle. Zwischendurch dann auch 2-3m. Mal langezogene Atlantikwellen, dann auch wieder eher kurze kabbelige. Je nach Wind und Bedingungen wurde eingerefft, ausgereift, oder die Segel verändert. Code 0, Kutterstag und Genua kamen zum Einsatz.


Die meiste Zeit hatten wir das 1. Reff im Großsegel. Im Durchschnitt segelten wir mit 9Kn Geschwindigkeit. Das hört sich toll an, für mich war es allerdings bei dieser Überfahrt mit der Zeit anstrengend…..ich hatte das Gefühl im Gym zu sein. Pausenlos waren all meine Muskeln im Einsatz um sich gegen die Schwerkraft zu arbeiten. Bei dieser Geschwindigkeit ist das Boot immer in Schräglage. Sitzt man “oben”, muss man sich mit den Beinen am Tisch abstützen um nicht von der Bank zu fallen. Sitzt man “unten” muss man sich mit Hilfe der Arme am Tisch hoch ziehen um zum Stehen zu kommen. Mich hat das dieses Mal sehr angestrengt. Da musste ich immer wieder an unsere Pläne denken….wie soll ich das 20 Tage und länger durchhalten? Oder ist es nicht immer so? Ist es bei Downwind wirklich angenehmer, als bei Upwind oder Reaching? Mathias ist da sehr viel ausdauernder als ich. Er steuert stundenlang, trimmt die Segel sobald die Geschwindigkeit sich verringert. Ich hingegen kann auch 6 Kn Fahrt sehr gut aushalten. 🤣 die Schwerkraft ist dann viel weniger spürbar. Das war zumindest meine Erfahrung bei diesem Turn. Wobei wir so langsam gar nie waren….nicht einmal, wenn Mathias schlafen war….

Ich spreche dann immer mit dem Boot, dem Wind und den Segeln und erkläre ihnen, dass nun alles so bleiben darf bis Mathias wieder Wache hat, so dass ich in der Zwischenzeit mein Buch lesen kann und mir nicht den Kopf zerbrechen muss ob ich nun das Großsegel oder das Vorsegel etwas auffrieren, oder dichter nehmen muss. Darin bin ich noch nicht sehr geübt. Ich beobachte immer was Mathias macht, nur wenn ich selbst Wache habe warte ich lieber noch 5 min. ab. So erledigt es sich meist von selbst. Ich bitte dann lieber den Wind wieder etwas stärker zu blasen, so dass alles so bleiben kann wie es war. Das klappt meistens.
Unser Ziel war bei Tageslicht anzukommen, daher brauchten wir die 9 Kn Fahrt.

Um 17:30 Uhr bekamen wir endlich jemanden von der Marina ans Telefon, da wir unseren Platz nicht bestätigt bekommen haben. Der Hafenmeister meinte, wir könnten bei einem anderen Boot ins Päckchen liegen. Einen anderen Platz hätte er nicht. Wir waren froh um diesen Platz. Auf den letzten Mailen nahm der Wind stetig zu. Inzwischen über 22 Kn. Das war für ausgerefftes Großsegel und Code 0 dann doch etwas viel Segelfläche.Der Ruderdruck war zu groß. Mathias hat kurz zuvor ausgereift, da es nur 8 Kn Wind hatte. Ich warte in diesen Situationen eher 10 Minuten ob der Wind wieder zurück kommt. Mathias refft lieber aus. 🤷♀️ Wie wahrscheinlich viele anderen Männer es auch täten. Stimmts? Und ihr Frauen, würdet auch eher zuwarten. Stimmts? So war ich dann etwas zickig und sauer und schimpfte, mit Mathias…denn das Bergen des Code 0 war bei soviel Wind nicht ganz einfach. Es klappte nicht perfekt beim erstenmal…ich schimpfte wieder, dass man es bei Windeinfall 160 C° einfurlen muss, nicht bei 60C°. Also schimpfte Mathias zurück, dann solle ich da eben hin steuern….ich riss, wütend und vor allem erschöpft wie ich war das Steuer herum….dann rumpste es! Ihr könnt euch denken war passierte…Patenthalse…..Schitt! Das wollte ich natürlich nicht. Unser armes Boot.
Das einfurlen klappte dann zum Glück und das Bergen des Großsegels bei inzwischen 26Kn Wind und ordentlich Welle auch beim zweiten Anlauf. Es wurde langsam dunkel. Der Mariniero empfing uns am Hafeneingang. Es hatte Strömung und die Einfahrt war sehr schmal. Mathias fuhr gekonnt zu dem Platz der uns gezeigt wurde. Wir durften ins Päckchen der “Estrella”. Sie waren unsere Nachbarn in Santa Cruz. Wir freuten uns, endlich im ruhigen Hafen zu sein. Ein Anleger Bierchen zu trinken, etwas zu essen und dann schnell ins Bett…….leider kam es anders!
Ein Alarm den wir nicht zuordnen konnten neben dem Steuerbord Steuerstand.
Sehr laut und nervig. Ähnlich einem Brandmelder der eine neue Batterie möchte. Ich dachte, das kann jetzt nicht war sein…..völlig geschafft begannen wir das Dinghy rauszufahren um in der Garage die Nebentüre öffnen zu können, da wir hörten, dass der Alarm von dort kam, konnten ihn jedoch zuerst nicht genau orten. Mathias musste dann zum Zoll und Hafenmeister uns anmelden. Er kam ewig nicht zurück, also musste ich alleine weiter suchen. Der Alarmton war nicht nur für uns, sondern auch unsere Nachbarn unerträglich. Ich hätte heulen können….
Also Handbuch raus und die Suche beginnen….alles auf englisch 🤨….so kam ich nicht weiter. Also holte ich eine Zange mit der man Kabel durchtrennen kann und ging wieder in die Garage und schob mich in das kleine Loch. Ich sah eine Beschriftung auf einem Kabel das aus dem nervtötenden kleinen Alarmlautsprecher kam. W382, nun versuchte ich im Schaltkabelschrank diese Nummer zu finden. Ohne Erfolg. Dann durchsuchte ich die elektrischen Schaltpläne,ca. 100 Seiten… alles Hyroklyphen für mich…..ich war den Tränen nahe….wie soll ich hier je etwas finden. Pips, pips, pips…


Dann fand ich andere W – Nummern in den Schaltplänen und tatsächlich meine Nummer. Mathias war inzwischen zurück. Ich erzählte von meiner Idee die Kabel zu durchtrennen…er wollte nochmal schauen. Inzwischen war es 23:00Uhr…..Mathias fand dann eine andere Stelle als ich, die den Ton sendete, die Nummer war etwas anders W-57.2. Ich suchte die Nummer in den Plänen und fand heraus dass sie zu “Wassertank voll” gehörte. Da wir kein Wasser nachgefüllt und auch den Wassermacher nicht in Betrieb hatten, schlossen wir auf einen Fehlalarm.
Mathias fand nun im Sicherungsschrank die Sicherung für Wassertank. Er hat die Sicherung ausgemacht und es war endlich Ruhe. Halleluja! Dann gab es doch noch ein Bierchen und etwas Käse um 23:30 Uhr. Endlich schlafen.
Am nächsten Morgen wurden wir von herrlichen Sonnenstrahlen und blauem Himmel geweckt. Nach einem Frühstück in einem kleinen Cafe sprachen wir noch einmal mit unserem Hafenmeister. Ein sehr lieber freundlicher Mann, den man einfach gern haben muss. Er hatte einen Platz für uns, der eigentlich für kleinere Boote gemacht ist, uns jedoch anbot, dass wir probieren dürften ob es geht. Es ging. Wir waren sehr glücklich darüber. Am Nachmittag lernten wir unseren Bootnachbarn kennen. Ein sehr netter junger Mann, der Skipper auf einer großen Swan ist und gerade Heimaturlaub macht. Er hatte uns viele tolle Tipps. So viele schöne Begegnungen nach so kurzer Zeit. Das fühlt sich toll an.

Heute waren wir in der Markthalle und waren überwältigt von der Fülle an exotischen leckeren Früchten…..auch den Preisen….Das Kilo Erdbeeren 22€…wir kauften dann etwas an einem Stand und sagten, dass wir vier Wochen hier wären und gerne noch öfter kommen würden, wenn der Preis stimmt. Schwer zu beurteilen ob er es berücksichtigt hat….



Anschließend gingen wir Pasta essen bei einem kleinen italienischen Restaurant, das wir morgens entdeckt hatten. Sie machen die Pasta frisch, was man durch das Fenster sehen konnte. Wir entschieden uns für das Tagesgericht und es war himmlisch.

Die Stadt gefällt uns sehr gut. Die Menschen sind sehr, sehr freundlich. Alles ist grün, überall Blumen und Bäume. Das Wetter perfekt. 25C°, Sonne, blauer Himmel.


Morgen kommt Nico und übermorgen Luis.🥰 Beide Söhne werden bis 6. April bei uns sein. Darauf freuen wir uns sehr.
Wir freuen uns auch schon!! <3
👍🥰
Herzlichen Glückwunsch zur Ankunft in Funchal…wir raten noch zu einem Besuch beim “rei da poncha” in der Altstadt…einfach alle Ponchas mit Burger ausprobieren..:-)..herzliche Grüße aus Tel Aviv….Andreas & Carmen
Schön von euch zu lesen. Wir erinnern uns hier sehr an eure Erzählungen. Wir probieren sehr gerne das „ rei da poncha“. Danke für den Tipp. Sind schon jetzt verliebt in diese Insel und ihre Bewohner.
Liebe Grüße von der PureFun
Was für ein spannender Bericht. Schon beim Lesen bekam ich schwitzige Hände und ich war ehrlich gesagt auch froh, als der Code 0 dann a eingerollt war 👍. Bei 22+ kn halte ich schon eine geplante Halse für “verwegen” – Da braucht es noch nicht einmal ein “Patent”😆 – Und das mit dem nervigen (Fehl-)alarm wäre mir auch mindestens ein Erlebnis zu viel gewesen…. Zum Glück für die Leser nach all der Aufregung dann doch noch zur Entspannung ein ein paar leckere Fotos aus der Markthalle und dem Pasta-Vergnügen.
Einmal mehr vielen Dank fürs Teilen – Grüße aus der JOS72
Ich habe schon gespannt auf den spritzigen Kommentar von „Hanocar“ gewartet. Es war wieder ein Genuß ihn zu lesen. Vielen Dank dafür. Gerne würde ich ein ganzes Buch von diesem „Hanocar“ verschlingen…..
Liebe Grüße Sybille
Mathias:
Da möchte ich gerne für die interiessenten Leser noch ein paar Details ergänzen.
Der CODE 0 auf der PURE FUN hat ca 180 qm. Ist von ELVSTROM mit Tuch, das auch bei Superyachten verwendet wird, genäht. Gesetzt wird er elektrisch mit einem im Steven integrierten Furler von RECKMAN.
Mit dem Setting sind wir super happy. Das einrollen ist, wenn alles klappt, nach 2 Minuten erledigt.
Am Samstag war der CODE 0 schon so ziemlich eingerollt. Da zeigte sich zum Ende hin im oberen Teil etwas zu wenig Spannung. Um dem Wind keine unnötig große Angrifffläche zu bieten war dies zu optimieren. Also war das Segel nochmals teilweise auszurollen.
Beim ersten Mal hatten wir einen Windeinfallwinkel von 45 Grad.
Das Segel soll jedoch vor dem Wind besser einrollbar sein. Also entschieden wir kurzfristig mit dichtgenommenen Großsegel abzufallen und den CODE 0 nochmals einzurollen. Da wurde das Abfallen etwas übertrieben, das Boot reagierte schnell und das dichtgenommene Groß kam.
Danach war der CODE 0 perfekt genug gerollt und es herrschte Ruhe😉.
In Summe gesagt, hier auf dem Boot ist der CODE 0 in dem Setting zu zweit wirklich gut fahrbar, auch wenn der Wind stärker auffrischt.
Diese Dimensionen und die damit einhergehenden Kräfts sind immens. Kann da mit meiner Erfahrung der tendenziell übertakelten X35 nur so ein wenig dranhinriechen… Code 0 habe ich gar nicht. Ich habe ein wesentlich bauchigeren Code 55 (von North). Das Phänomen der “Blasenbildung” beim furlen kenne ich – allerdings nur – und dafür unlösbar massiv – vom Genaker. Kommt halt alles sehr auf den Schnitt an und dem richtigen Druck im Segel. Und definitiv ist ein abgefallener Kurs bei gleichzeitg gefiertem Groß (dann steht auch geschützt im Lee) eine starke Entlastung für Material UND Nerven.
Vielleicht plant Ihr ja mal ein Video von Euren spektakulären Manövern. Gerne auch ohne Ton, wenngleich man natürlich schon auch gerne mitbekommt, wie “engagiert” aber in jedem Fall deutlich Ihr die Aktionen verbal begleitet. 🙈🙉🙊 Würde übrigens eh keinem Seglerpaar abnehmen – ob Binnen oder Blauwasser – dass es an Bord nicht immer wieder zu diesen zwar lieb gemeinten aber häufig falsch vestandenen Dialogen kommt. 🤣 Also WIR fühlten uns in dieser Beschreibung maximal angesprochen und lachten herzlich und lauf. Lieben Dank für diesen Einblick ⛵
Harald@JOS72
Hallo Sybille,
vielen Dank für den tollen Bericht eurer Überfahrt nach Madeira aus deiner Sicht. Wir sind im November mit unserer GRAVITY von Madeira nach Lanzarote gesegelt und lagen dann ein paar Wochen gemeinsam mit euch in der Marina Rubicon. Seitdem lese ich sehr gerne euren Segelblog 😊
Auch wenn es mir schwerfällt es zuzugeben, habe auch ich immer wieder das Gefühl, dass wir Frauen gerne ein wenig anders segeln. Erstmal schauen, ein wenig abwarten, was so passiert, gerne auch mal ein Reff eher früher als später reinmachen 😉 Ich finde Schräglage auch anstrengend! Habe neulich in gelesen, dass die natürliche Grenze des Menschen für Schräglage bei 20% liegt. Alles darüber hinaus wird als unangenehm empfunden. Größere Schräglagen muss man sich erstmal antrainieren. Na, ob ich das überhaupt will… 🤔
Klar will auch ich lieber im Hellen als im Dunkeln ankommen, aber unser 46 Cruiser wird nun mal durch heftige Krängung auch nicht schneller. Ist ja kein Rennboot und unser Rig bedankt sich bei über 20 Knoten Wind sicherlich über das eine oder andere Reff… Und man will sich schließlich bei der Überfahrt auch mal auf Delfine, den Horizont oder die Sterne konzentrieren 🐬
Wenn ihr gerne wandert, kann ich euch die App “WalkMe | Walking in Madeira” empfehlen, die über 50 Wanderungen unterschiedlichster Schwierigkeitsgrade auf Madeira beschreibt, inklusive zahlreicher Levada Walks.
Ganz viel Spaß auf Madeira und bei all euren weiteren Abenteuern
Stephanie von der GRAVITY
Liebe Stephanie,
🙏für deine Worte. Tut gut, zu wissen, dass es anderen Frauen auch geht wie mir. Ich denke die Kunst ist, den goldenen Mittelweg zu finden….zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen. Danke für den App Tipp. Ich habe auch Wanderführer und Karten dabei. Liebe Bücher aus Papier. Ich mag Madeira schon jetzt sehr. Fühlt sich lieblicher und herzlicher an wie die Kanaren.
Ich hab leider gar kein Bild von Euch vor Augen 👀🤷🏼♀️.
Wo seit ihr jetzt und wo geht ihr hin? Oder seit ihr in Deutschland?
Liebe Grüße Sybille
Hallo Sybille,
wir sind mit unserer Bavaria 46 Cruiser GRAVITY gerade in der Marina San Miguel auf Teneriffa und werden noch mindestens ein Jahr auf den Kanaren bleiben (Basis Marina Rubicon). Leider haben wir uns in Rubicon nicht persönlich kennengelernt, sondern haben immer nur ein kurzes “hallo” ausgetauscht, wenn wir an eurem Liegeplatz vorbeigekommen sind. Sollten sich unsere Wege wieder kreuzen, dann stellen wir uns auf jeden Fall vor 😀 Aber eurer wunderschönes Boot ist uns natürlich in Erinnerung geblieben. Wir lagen am “I” Steg gegenüber.
Liebe Grüße
Stephanie